W. Horwath

1963 geboren in judenburg / österreich.

1993 freischaffender Bildhauer im Südburgenland

zahlreiche expos im in- und ausland - hongkong, shanghai,
los angeles, miami, amsterdam, wien, uvm.

zahlreiche öffentliche projekte im in- und ausland.

lebt im südburgenland / österreich.

1963 born in judenburg / austria

1993 free-employed sculptor in the south of burgenland / austria

many expos at home and abroad - hongkong, shanghai, los angeles, miami, amsterdam, vienna and much more.

numerous public projects at home and abroad.

lives in the south of burgenland / austria.

p a u l m u e h l b a u e r – L i t t l e S e r i e s :

Zurücktreten und schmunzeln

 

Ein Engel mit Zigarette im Mundwinkel, dessen Rauchkringel über dem Kopf aufsteigen und

sich zum Heiligenschein formen. Der locker dahinschlurfende Engel hält einen Esel an der

Leine. – Ist dies ein Kommentar zur Nichtraucher-Diskussion in Österreich? Eine Dame mit High

Heels, die einen Hai „äußerln“ führt und sich gegen das vorwärtsdrängende Tier stemmt, um es

zurückzuhalten. Der Catwalk wird wortwörtlich genommen….

 

Überhaupt wird das Walking-Thema mit Leine in den verschiedensten Variationen durchgespielt.

So klammert sich ein Knirps an die Leine eines riesigen Hundes und vor einer vollbusigen korpulenten Dame mit aufgetürmtem Lockenkopf trippelt ein winziges weißes Knäuel her. Die Szenen

könnten aus dem Central Park in New York stammen, wo man die seltsamsten Gruppenbilder mit

Hund beobachten kann.

 

Mit Amüsement verfolgt man die kleinsten Details der colorierten Plastiken Paul Muehlbauers,

die es nicht nur in Größen bis 5 Meter, sondern auch als Little Series von 10 – 35 cm gibt, denn die genaue Beobachtung trägt zur erheiternden Wirkung zu einem erheblichen Teil bei. Die Impulse für die figuralen Plastiken sind tatsächlich dem Alltag und der Medienwelt entnommen. Menschen auf der Straße, in der U-Bahn, im Dorfwirtshaus, aber auch Szenen aus dem Fernsehen regen Paul Muehlbauer zu seinen Serien an.

 

Die Körperhaltung, Mimik, Gesten karikieren treffend Charakter, Gefühle und Stimmungen der

Figuren, die durch pointiert gewählte Gegenstände oder figurale Kombinationen ihre witzig-satirische

Aussagekraft erhalten. X-beinig, die Füße nach innen gekehrt, mit eng an den Oberkörper gepressten Armen steht der Schüchterne da, eine Hand in der Hosentasche vergraben, der rechte Unterarm umklammert als schützende Barriere den linken Ellbogen. Und immer wieder das Thema Liebe - das küssende Paar, das buchstäblich ineinander sinkt – und Erotik, oft auch in den verschiedensten Varianten von Schüchternheit oder Verklemmtheit.

 

Und dann gibt es noch die formenreichen und individuell colorierten du kathi und fishes in ihrer

kindlich-verspielten Vielfalt, die Schnecken usw…

Was am ersten Blick beim Betreten des Ateliers schon alleine durch die bunten Farben lustig

und fröhlich wirkt, zeigt bei näherer Betrachtung viel Witz, Skurrilität, Hintergründigkeit bis hin

zum Zynismus, der sich erst nach und nach entschlüsselt. Die little creatures wirken zunächst

wie Spielzeug oder wie Sammelfiguren in Überraschungseiern und Cerealien für Kinder. Ihr

Gewicht im wahrsten Sinn des Wortes enthüllen sie, wenn man sie in die Hand nimmt. Sie sind

überraschend schwer, handelt es sich doch um Bronzegüsse, die aufwändig und liebevoll mit

Metallfarben bemalt sind. Durch die Colorierung von Hand gibt es die in limitierter Auflage

vorliegenden Serien der Kleinplastiken in verschiedenen Farbvariationen. An dieser Materialität zeigt sich schon die erste Spannung, in der sich die Plastiken Paul Muehlbauers bewegen. DieGediegenheit und Präzision der Bearbeitung und die Schwere des Materials stehen in Kontrast

zur Leichtigkeit der Wirkung, die tatsächlich häufig in springenden oder schwebenden Figuren

visualisiert wird. Zwischen all der Fröhlichkeit und dem Humor zeigt sich immer wieder Satirisches, das gesellschaftliche Phänomene aufs Korn nimmt, wie bei der (österreichischen) Fußballelf mit der

Aufschrift „We lose for you“ oder noch ärger dem Karnevalsverein Braunau.

Bemerkenswert ist nun, wie Paul Muehlbauer verschiedene in der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts entwickelte Ansätze integriert und gedanklich weiterentwickelt. So greift er die Idee

des „Ready-made´s“ insofern auf, als er bei seinen Modellen, die später für die Negativform des

Abgusses dienen, reale Gegenstände einfügt. Faltenwürfe werden tatsächlich mit Stoff drapiert,

Gummistiefel den Mädchenbeinen übergezogen, Holz, Kunststoff, Eisen oder Wachs ergeben

einen Materialmix, der später zum Bronzeguss gewandelt wird. Seit Ende des 19. Jahrhunderts,

vor allem beeinflusst durch die Erfindung der Fotografie, entfernt man sich in der bildenden

Kunst von der Intention des Abbildes, andere Fragestellungen interessieren mehr. Im Bereich der

Bildhauerei ist es wohl das Ready-made, der vorgefundene Gegenstand, der ein rein bildhauerisches Nachbilden ad absurdum führt. Paul Muehlbauer sagt zu Recht: „Wozu nachbilden, wenn es bereits vorhanden ist?“ Paul Muehlbauer bleibt aber nicht beim Ready-made stehen, immerhin

ist Duchamps Flaschentrockner bereits vor beinahe 100 Jahren – 1914 - mit der Intention der Irritation

in den Blick des kunstinteressierten Publikums gerückt worden, so nachhaltig es sich auch

bis heute in Kunstkonzepten auswirkt. Er arbeitet daran weiter, transformiert den Ready-made-

Gedanken, was zur Irritation der BetrachterInnen führt. Die bunt-lackierten Abgüsse sehen den

Originalen täuschend ähnlich, erst beim Hochheben merkt man, dass es sich um Bronze handelt.

Besonders frappant sind die integrierten Spielzeugfiguren (etwa von einer Fastfoodkette), die

Güsse werden in den Originalfarben lackiert und weisen eine täuschende Ähnlichkeit zu den Referenzobjekten auf. Manchmal greift aber Paul Muehlbauer in seine gefundenen Objekte ein und

nimmt kleine Veränderungen vor. So geschehen beim Hai, aber auch bei der Plastik Herzwerfer

integriert er ein Originalplastikherz, bearbeitet aber die Oberfläche, indem er sie mit Wachs

überzieht. Die Vorlage der Figur für Cow walking ist ein Mitbringsel von einer Schottlandreise.

Paul Muehlbauer kaufte einem Jungen auf einem Flohmarkt den bulligen Mann mit drei weiteren

Figuren um 2 Pfund ab. In dieser Rückführung des Materials über den Umweg des Ready-mades

und objet trouvé zeigt sich eine Position, die eine kunstgeschichtliche Genese nachzeichnet und

anschließend verwandelt.

 

Genauso spiegelt sich ein kunstgeschichtlicher Entwicklungsprozess im Materialmix der

Modelle. Hier zeigt sich die gewandelte Auffassung von Werkstoffen, die die Bildhauerei im 20.

Jahrhundert weg führte vom klassischen Stein, Holz oder auch Bronze. Über den Umweg dieses

Materialmixes als Grundlage für die Negativform wird Bronze wieder zu etwas völlig Neuem,

denn auch der Betrachter und die Betrachterin muss einen weiteren Erkenntnis- und Wahrnehmungsweg

einschlagen und wird letztendlich überrascht. So wird die Umsetzung der vorgefunden

Gegenstände – objets trouvés – in das Material Bronze zu einer zusätzlichen Pointe, die den

ikonisch-semantischen Witz formal-ästhetisch weiterführt.

 

Überdies lässt Bronze Umsetzungen zu, die anders nicht machbar wären. So verleiht es selbst

dünnen Elementen Stabilität, sodass beinahe schwebende Figuren Schwerelosigkeit suggerieren.

Und so findet sich eine Analogie zwischen Form und semantischer Ebene. Bei beiden findet man

die Ambivalenz von Leichtigkeit und Gewichtigkeit.

Siegmund Freud beschreibt in seinem Buch „Der Witz und die Beziehung zum Unbewussten“ die

Mechanik des Witzes. So wird das Offensichtliche, Evidente zunächst unterbrochen, um dann

verdichtet oder verschoben zu werden.

Die schillernde Palette der kritischen Beobachtung von Skurrilität, Satire und Witz im Werk Paul

Muehlbauers wird noch ergänzt durch den Aspekt der Ironie. Ironie ist, zurückzutreten und die

Ereignisse mit einer gewissen Distanz zu betrachten. Das Schmunzeln dabei hat sicher auch

kathartischen Charakter.

 

Eva Maltrovsky

 

p a u l m u e h l b a u e r – L i t t l e S e r i e s :

back and grin

 

An angel with a cigarette dangling from the corner of his mouth, smoke transforming a halo. He

shuffles along leading a donkey. – commentary to “Austrians non-smoker” campaign? A Lifestyle

Lady in High Heels walking a shark; taking “the Catwalk” literally.

 

Themes “walking on a lead” play a leading roll. A tiny tot clings to a hound and a busty dame

with looming curls scuttles behind a little white bundle. Scenarios visualizing the New York

Central Park, with all its bizarre Dog walkers.

The amusing details of P.M colorized sculptures, not only sizing up to 5 metres, also as “Little

Series” 10-35 centimeters. Under the impulse of moments in everyday life, human nature, the

media landscape, P.M. creates his very pointed, singled out objects with wittily expressiveness,

social satire.

 

Posture, facial expressions and gestures cartoon to the point character, emotion and moods.

Knock-kneed, twisted feet, his arms huddling the upper body “ der Schüchterne ” one hand

buried in his pants pocket, the right forearm like a protecting barrier on the left elbow.

Love is the theme – lost in a loving kiss and erotic, variations of dimity and inhibitions.

Wealth of forms and individually colorized du kathi and fishes in their childlike richness, the

Schnecken and so forth.... At first site the studio appears jolly and bright, by taking a closer look a whole world of profoundness,

wit, scurrility, even cynics opens up.The little creatures look like cute toys. Weighty

since they are brazen and colourful hand painted. Solidity, pinpoint precision in contradistinction

to great ease visualizing those bouncing and hovering figures.

There is a lot of social satire, like the Austrian football team titling „We lose for you“or even worst

the Karnevalsverein Braunau. Remarkable how P.M. refines and intellectually integrates various

rudiments of the 20th century art history. For instance the idea of „Ready-made´s“. His Models,

negative form of a cast, he inserts with personal effects like arrangements of folds with real

fabrics, or wellies on a girl’s legs.

Wood, synthetics, iron or wax result in a material mix, later transformed to a bronze casting.

In the region of sculpting it is the Ready-made, the toying with objects which takes the meaning

to sculpt ad absurdum. P.M says : “Why recreate when it is on hand?” He doesn’t stop by readymade,

he takes this thought astray.

 

The gaudy lacquered castings look alike the originals, only by uplifting one realize they are brazen.

Exceedingly striking the group of toy figures (for instance from a fast food chain), the casts

are lacquered in original colours; the alikeness is bewildering. At times, P.M redesigns odd objects. For instance the sculpture “Herzwerfer”. He integrates an

original plastic heart and revises the surface by covering it with wax. The source material for

“Cow walking“ is a souvenir from a scottish flee market where he purchased the brawny man

and three more figures for 2 Quid. The material recirculation via ready made

and objet trouve reflects the position of tracing art historical genesis and transforms it subsequently.

Similar reflections can be noticed in the material mix developing process.

 

By diverting the material mix to its general basis for the negative form, the sculpture appears completely new. That way the transformation obtains an additional payoff with iconic semantic witticism. Furthermore bronze allows

a level of implementation that would otherwise be unfeasible. Sigmund Freud describes in his book „ wit and the relation to the subconscious

mind“ the mechanics of wit. Interrupt the obvious, the evident to compress or shift.

 

The iridescent observation, the review of absurdity, satire and wit in P.W. works completes by the use of cutting irony. Irony means sitting back and observe

occurrences out of a distance. The grin at that has surely a cathartic character.

 

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